Südwestkirchhof

1909 erfolgte die Anlage des Südwestkirchhofs vor den Toren der Stadt in Stahnsdorf, um das Problem des knapp werdenden Bestattungsplatzes auf dem Gebiet des schnell gewachsenen Berlins zu lösen.

Die Gestaltung des neuen Friedhofs übertrug man Louis Meyer, dem Gartenbauingenieur der Berliner Stadtsynode, nachdem zuvor ein Wettbewerb ausgeschrieben wurde, bei dem es zwar eine Reihe preisgekrönter Entwürfe gab, keiner davon aber dem Synodalverband zusagte. Meyers Entwurf setzte einen starken Akzent auf die Naturnähe des Friedhofs, was eine neue Entwicklung in der Bestattungskultur bedeutete, die Naherholung und das Andenken an die Verstorbenen zusammenbrachte.

Der große Friedhof lag weit vor den Toren der Stadt, so dass bereits 1913 eine eigene S-Bahn-Linie vom Bahnhof Wannsee aus angelegt wurde. Die Friedhofsbahn wurde 1928 elektrifiziert und war bis zum Mauerbau 1961 in Betrieb. Danach verfielen die Gleisanlagen und der Bahnhof in Stahnsdorf wurde 1976 gesprengt.

An der nördlichen Grenze des Friedhofs findet sich eine erkleckliche Zahl sehenswerter Mausoleen und Erbbegräbnisse. Ihre Häufung an diesem Ort ist Resultat der nationalsozialistischen Stadtplanung, die aus Berlin die Welthauptstadt Germania machen sollte. Viele Grabfelder in Schöneberg waren der Umgestaltung im Wege und wurden geräumt, indem von 1938 bis 1940 mehr als 30.000 Gräber nach Stahnsdorf verlegt wurden. Darunter auch die Grabstätte der Familie des Verlegers Langenscheidt, die im äußersten Nordwesten des Friedhofs zu finden ist.

Insgesamt finden sich auf dem Friedhof zahlreiche kunsthistorisch interessante Grabstätten, die uns einen Eindruck von der Begräbniskultur des frühen 20. Jahrhunderts vermittelt. Immerhin erfolgte fast ein Drittel aller Bestattungen (35.000 von ca. 110.000 insgesamt) in den ersten 25 Jahren des Bestehens des Friedhofs, darunter finden sich viele Bekannte aus dem öffentlichen Leben, vom Maler Heinrich Zille über den Varietékünstler Erik Jan Hanussen, den Industriellen Werner von Siemens bis zum Maler Lovis Corinth, um nur einige wenige zu nennen.

Der Friedhof, der auch in der DDR-Zeit weiter für Bestattungen genutzt wurde, hat auch nach der deutschen Einheit nie mehr die Bedeutung erhalten, die er vor dem zweiten Weltkrieg hatte. Durch die weniger intensive Nutzung hat sich die Natur große Bereiche zurückerobert, was vielleicht dem ursprünglichen Gedanken der Naturnähe von Louis Meyer entgegenkommt, dem Friedhof auf jeden Fall in weiten Teil etwas Verwunschenes gibt. Ein Besuch ist sehr zu empfehlen und man sollte viel Zeit mitbringen.

Tipp 1: Bei der Verwaltung des Friedhofs bekommt man für 1 € einen Übersichtsplan mit der Lage der Gräber der bekanntesten hier Bestatteten, den man sich unbedingt holen sollte, da man sich auf dem riesigen Gelände sonst gnadenlos verläuft.

Tipp 2: Der Friedhof ist vermutlich Deutschlands einziger, auf dem Radfahren erlaubt ist. Ich empfehle, das Fahrrad mitzunehmen, da man ansonsten die großen Entfernungen zwischen den einzelnen Grabstätten, die einen interessieren, kaum bewältigt.

Tipp 3: Das Buch „Südwestkirchhof Stahnsdorf. Lexikon – Lesebuch – Parkführer” von Peter Hahn, das Beiträge aus der Märkischen Allgemeinen Zeitung enthält, erzählt die Geschichte einiger der hier Bestatteten; einen Teil der Beiträge findet man auch in der Online-Ausgabe der MAZ , wo sich auch Pläne des Friedhofs finden.


Bahnhofstraße 2, 14532 Stahnsdorf
03329 62315
www.suedwestkirchhof.deÖffnungszeiten Südwestkirchhof: Okt bis Mär: 8-17h, Apr bis Sep: 7-20h

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2 Antworten auf „Südwestkirchhof“

  1. Auf der HP des Friedhofes ist der Faltplan noch mit 0,5 € angegeben. Recht gelungen finde ich auch das Heftchen “Hier möchte ich begraben sein” von Gerhardt Petzholtz für 4,8 €.

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